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Feb 14 2024 You are into the dark
Aus welch merkwürdigen Vorstellungen das Bild der Sehenden von den Blinden entspringt, war zuallererst an der Dunkelheit und den Reaktionen der sehenden Besucher*innen zu sehen, genauer, am Schock, den die erfahrene Dunkelheit in manchen Sehenden auslöst.
Dez 21 2023 Das Feuer und seine Vorstellung
Der erblindete Autor erinnert sich an das erste oder zweite Schuljahr in der Grundschule, die Aufgabe bestand damals darin: das Malen eines Feuers. Die Faszination ergriff den Jungen, die Faszination für zwei Farben, ein Rot und ein Gelb. Ein Ineinandergreifen der Bewegung des Feuers, die den Jungen ansteckt und er erfährt einen ersten körperlichen Begriff der Mimesis: das Körperwerden eines Wortes. Er erfährt aber auch einen Ausdruck des Chaotischen, von dem er damals keinerlei Vorstellung hatte, er erinnert sich sechzig Jahre später an ein absolutes Chaos aus Rot und Gelb auf weißem Papier, das dem Herrn Oberlehrer aber so gut gefiel, dass es als besonders gelungen an der Wand ausgestellt werden durfte. Aber, der Oberlehrer ist tot, die frühe Faszination für Farben ist längst der Melancholie über die Erblindung gewichen.
Okt 1 2023 Der befreite Bunker
Die vermeintliche Selbstverständlichkeit, dass das, was visuell sichtbar ist, tatsächlich das ist, was einzig zu sehen ist, stellte Platon schon vor mehr als 2000 Jahren in Frage: Sprich zu mir, damit ich dich sehe, ein Satz aus seinem Phaidros- Dialog. Nichts anderes sagt er als, dass hinter dem, was visuell zu sehen ist, ein Eigentliches spricht, das man nur hören kann. Das eigentlich Sichtbare hat mit dem Visuellen nichts zu tun. Was eigentlich zu sehen ist, gesehen werden könnte, muss den Sehenden ansprechen und bildlos spricht es auch den Blinden an und tut dies aus eben einer Nichtsichtbarkeit heraus. Es spricht und sein Sprechen findet sich in einem bereiten Körper, in welchem es sein Echo erfährt. Wird wahrgenommen vom ganzen Körper, der es spürt und solcher Spur in sich ein Bild zufindet, ein inneres Bild zufindet, um von sich sprechen lassen zu können. Ein Bild der gemeinsamen Einlagerung. Aus einer Stimme spricht es ungesehen an, um gesehen werden zu können: Ein ganzer Körper da, wo einst ein Auge war. Ein inneres Bild, das einst von Visualitäten verdeckt wurde.
Jun 28 2023 Über Dialogisches Fotografieren
Unter einem blinden Fleck versteht man den Ort, von dem das Sehen einerseits ausgeht, der seinerseits aber nicht sichtbar ist.
Apr 4 2023 Der Rahmen
Wiener Straße Berlin. Ein Antiquitätenhändler im Souterrain. Ein Blinder streift mit den
Mär 5 2023 Dialogisches Fotografieren performt
Fotografieren ist für einen Blinden zu allererst ein Dialog.
Feb 12 2023 Nights and days in San Francisco
Gravity mit Jess Curtis schaffen es, die Performance zu einer performativen Erfahrung werden zu lassen, die den Prozess ihrer Erarbeitung fortwährend präsent hält. In einem absoluten Dunkel, in das hinein zu Beginn der Aufführung geführt werden muss, werden alle Zuschauer*innen einzeln hineingeführt.
Jan 25 2023 Ein schwarzes Etwas besucht die Bilder der blinden Fotografin Mary Hartwig (12.05.1950 – 22.04.2019) und spricht mit ihnen über ihre Herkunft
Ein blinder Mann steht im schwarzen Overall vor den Bildern seiner toten Kollegin. Er zieht sich eine Hassmaske verkehrt herum so auf, dass das ganze Gesicht bedeckt ist. Er zieht sich die Kapuze des schwarzen Hoodys, den er unter dem Overall trägt, über. Der ganze Kopf verschwindet in schwarzem Stoff. Er holt schwarze Lederhandschuhe aus dem Overall und zieht sie an. Mit dem Blindenstock erkundet er die Halle des U-Bahnhofs vor dem Schaukasten. Er geht mit ihm durch die Halle, fährt aber auch über die niedrige Decke der Station.
Okt 11 2022 Die Welt im Körper der Performerin
Das Bild, das Wort, das Zeichen, der Körper, die Welt mit ihrem Klang, mit ihren Lauten und Geräuschen: was ist davon lesbar, was bringt den Blinden die Haptic Access Tour in ihren Beschreibungen näher. In Gina Jeskes Audiodeskription findet sich der Blinde zwischen zwei Tribünen im rechten Winkel zueinander, davor Sitzpolster und Rollstuhlplätze. Die weiße Bühne in Form eines Diamanten, korrespondiert mit Zeichen, die auf Tapas projiziert werden. Zeichen, die sich aber auch als Tattoos auf den Händen der Performerin wiederfinden. Schlagwerk aus Holz, Trommel mit Klangschlitz, Woodblock, Klanghölzer, Kokosnussschalen, eine zusammengerollte Matte, mit einem Band zusammengehalten, die ebenfalls als Schlagwerk benutzt wird. Viel wird auf die Tapas projiziert werden und dann auch wieder nicht, denn nichts davon ist als Ganzes von einem jeden Platz einsehbar. Alle Projektion ist zerrissen und schwingt zwischen anwesend und abwesend . Pelenakeke Brown wird sehr viel mit den Händen und ihren Bewegungen arbeiten. Bei der Haptic Access Tour stellt sie die Bewegungen vor und Gina Jeske beschreibt das zu Sehende.
Sep 15 2022 Furcht und Gier
Das Grundproblem der Audiodeskription im Tanz ist sehr eng mit dem Kern des Tanzes, der Bewegung und ihrer Beschreibung verbunden. Die Bewegung sprachlich zu erfassen ist die allererste und zugleich niemals glücklich ganz zu lösende Schwierigkeit. Grundsätzlich stehen hier zwei Strategien zur Verfügung, die nach Meinung des blinden Autors nur ineinander greifend zu handhaben sein sollten, die niemals dogmatisch gegeneinander gelesen werden sollten. Da ist einerseits die, die Bewegung und den Bewegungsablauf zusammenfassende Beschreibung, die sich immer am Rande der zu vermeidenden Interpretation des Gesehenen bewegt, da ist andererseits die sehr detaillierte Beschreibung der einzelnen Bewegungen, die beim blinden Hörer nicht selten aber zur Verwirrung und zum Nichtverstehen führt.

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