Gerald Pirner, Ligurische Mauer I (Selbstportrait), 2023 © Gerald Pirner. Sonia Klausen, Die (optische) Täuschung, 2023 © Sonia Klausen

Über Dialogisches Fotografieren

Die sehende Fotografin Sonia Klausen und der blinde Fotograf Gerald Pirner im Gespräch ihrer Fotografien

Unter einem blinden Fleck versteht man den Ort, von dem das Sehen einerseits ausgeht, der seinerseits aber nicht sichtbar ist.

Wie der Mensch nämlich den Ort, auf dem er steht nicht sieht, ist auch das Sehen an seinem Ursprung nicht zu sehen.

Vielleicht aber kommt man ihm, dem Ort der Geburt des Sehens, in einem Dialog näher, wenn man beginnt mit ihm zu sprechen.

Wie aber spricht man mit ihm, diesem Ort, wenn nicht mit Bildern, mit denen man ihn lockt, ihn vielleicht provoziert.

Visuelles Sehen und Blindheit sind nicht nur zwei unterschiedliche Arten zu sehen, sie sind zwei Arten der Sichtbarmachung innerer Bilder.

Einen Dialog zwischen den beiden Arten der Sicht herzustellen bedeutet, innere Bilder mit einer möglichen Übersetzung hinein in Visualität ins Gespräch zu bringen. Innere Bilder, die die Sehenden genauso haben wie die Blinden, werden in Gestalt sowohl visueller wie sprachlicher Bilder ins Gespräch gebracht.

Ein Bild wird in ein Nichts hineingeworfen und eine Dialogpartner*in fängt das Bild mit einem anderen Bild ein, macht ihr Bild zu einem Kescher.

In diesem Prozess verändern sich, wenn ein Bild einem anderen Bild folgt, die Bilder beider Dialogpartner*innen, nähren sich aneinander, entwickeln sich aneinander weiter, werden, ein jedes für sich anders.